Im produzierenden Mittelstand erleben wir häufig sehr unterschiedliche Reifegrade im Marketing und Vertrieb. Manche Unternehmen stecken noch im operativen Hamsterrad fest – sie verlassen sich z. B. auf ein bis zwei Messen im Jahr und betreiben Marketing ohne klare Strategie. Andere wiederum haben Marketing und Vertrieb bereits nahtlos verzahnt, nutzen Daten aus CRM-Systemen intelligent und dominieren ihre Nische als Hidden Champion. Dieser Beitrag stellt vier typische Marketing-Reifegrade für mittelständische (insbesondere fertigende) Unternehmen vor. Für jede Stufe beleuchten wir die Merkmale, Engpässe und zeigen auf, welche Maßnahmen helfen, den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen.

Reifegrad 1:
Operatives Hamsterrad
(reaktiv & ohne klare Positionierung)

Im ersten Reifegrad fehlt es an strategischer Ausrichtung im Marketing. Unternehmen agieren hier meist rein operativ und reaktiv. Marketing und Vertrieb befinden sich in einem „Hamsterrad“ aus einmaligen Aktionen, ohne übergeordnete Leitlinie.

Typische Merkmale in dieser Phase:

Messen als Hauptvertriebskanal
Der Vertrieb unternimmt ein- bis zweimal im Jahr Messeauftritte, oft als wichtigste (oder einzige) Marketingmaßnahme. Messen sind für viele Mittelständler nach wie vor ein zentraler Bestandteil der Kundengewinnung. Allerdings reicht ein einzelner Kanal heute nicht mehr aus, um genügend Sichtbarkeit zu erzielen – B2B-Entscheider nutzen inzwischen durchschnittlich 7,3 Informationsquellen, bevor sie einen Anbieter kontaktieren [1].
„Bauchladen“ statt Spezialisierung
Das Unternehmen bietet ein breites Portfolio an („Wir machen alles, was mit X zu tun hat“) – jedoch ohne klaren Fokus oder Alleinstellungsmerkmal. Oft erfolgt die Preisgestaltung klassisch kostenbasiert (Herstellungskosten plus Marge von z. B. 30 %). Dieses undifferenzierte Angebot macht das Unternehmen austauschbar. Man gewinnt selten Aufmerksamkeit, weil nichts Besonderes kommuniziert wird.
Basis-Webauftritt ohne Strategie
Es existiert zwar eine Webseite, diese wird aber nur sporadisch gepflegt und dient eher als „Online-Broschüre“. Es fehlen gezielte Inhalte, um Interessenten digital abzuholen. Dies ist kritisch, denn der erste Eindruck potenzieller Kunden entsteht heute fast immer online – über die Website, Inhalte oder Bewertungen. Moderne B2B-Einkäufer informieren sich lieber selbst, 50% von ihnen würden am liebsten ohne Kontakt zum Vertrieb kaufen[2]. Ohne aussagekräftigen Content und digitale Präsenz ist man für diese Selbstinformierer quasi unsichtbar.
Zufallsgetriebener Vertrieb
Kunden kommen hauptsächlich über persönliche Kontakte, telefonische Anfragen oder die Messekontakte zustande. Die Vertriebsmitarbeiter haben in dieser Phase häufig keinen technischen Hintergrund – Produktwissen und echte Beratung treten in den Hintergrund. Man verkauft oft Standard-Produkte über Wiederverkäufer oder Distributoren. Was der Kunde genau mit dem Produkt macht, bleibt oft unbekannt, wodurch kein Anwendungswissen aufgebaut wird. Die Folge: Das Angebot verkommt zur Commodity (austauschbares Teil), der Wettbewerb erfolgt nahezu ausschließlich über den Preis (Kostenführerschaft).

Engpass: Strategie & Positionierung

In Reifegrad 1 fehlt vor allem eine Strategie und Positionierung. Ohne diese Grundlagenarbeit kann Ihr Marketing auch keine gute Arbeit leisten!

Weder ist ein klarer USP (Unique Selling Proposition) herausgearbeitet, noch sind Zielgruppen und deren Bedürfnisse definiert. Ohne Differenzierung gerät das Unternehmen in einen Teufelskreis: Es ist „nichts Besonderes“ und somit beliebig austauschbar. Kunden wechseln zum Mitbewerber, sobald dieser etwas günstiger anbietet oder spezifischer auf das Problem eingeht.

Dieser Zustand führt in eine Abwärtsspirale mit Preisdruck und Margenerosion: Um überhaupt Aufträge zu halten, wird an der Preisschraube gedreht, was die Margen weiter schrumpfen lässt. Es müssen „jedem Strohhalm“ und jedem Geschäft hinterhergejagt werden, um das Überleben zu sichern.

Die Symptome zeigen sich nicht nur in der Umsatzrentabilität, sondern auch in Problemen wie schlechter Erreichbarkeit, unzuverlässiger Lieferperformance, hoher Fluktuation und unzufriedenen Kunden – alles Konsequenzen einer fehlenden Fokussierung.

Der Ausweg ist Spezialisierung!

Raus aus dem Hamsterrad! Der Schwerpunkt in dieser Phase muss auf Strategieentwicklung und Positionierung liegen. Sprich keine Marketing und Vertrieb sondern klassische Unternehmensstrategie.

Das Unternehmen sollte einen „einfachen“ Ausweg nutzen: Spezialisierung. Konkret heißt das: Herausarbeiten, was das Unternehmen aktuell richtig gut kann – oft gibt es Kernkompetenzen oder Hidden-Champion-Fähigkeiten, die bisher im Bauchladen untergehen.

Diese Stärken gilt es in den Vordergrund zu stellen und glasklar zu kommunizieren. Eine fokussierte Positionierung („Wir sind die Experten für ___ in ___“) bringt viele Vorteile: Die Zielgruppe wird konkreter und damit ansprechbarer, das Angebot hebt sich vom Wettbewerb ab, und Marketing sowie Vertrieb erhalten einen klaren Kompass für alle Aktivitäten.

Sich nach vielen Jahrzehnten mit eigener Kraft aus dieser Situation zu befreien gelingt selten. Darum suchen sich die meisten Unternehmen eine externe Moderation um die eigenen Stärken herauszuarbeiten. Im Unternehmen werden diese aufgrund von Betriebsblindheit häufig nicht wahrgenommen oder unter Wert vermarket.

Als Ingenieur verstehe ich Ihre Fertigung, ihr Geschäft und die Anwendungen ihrer Kunden.
Doch ich bringe eine Marketing- und Business-Perspektive mit. Zusammen finden und kommunizieren wir Ihr Alleinstellungsmerkmal.

Jonas Reuter
Jonas Reuter
Geschäftsführer, Partner

Mehr Gewinn durch Positionierung?

Operatives Hamsterrad, heißt auch maximale Auslastung in allen Abteilung, um konstant eine EBIT-Gewinnmarge um die marktüblichen 15% zu halten. Ohne Spezialisierung ist es nahezu unmöglich höhere Gewinnquoten zu erzielen (ohne einen Investitionsrückstau aufzubauen). Dies verstärkt das Hamsterrad jedoch weiter, einmal gewachsen können Sie es sich nicht leisten weniger Aufträge anzunehmen, diese müssen Sie dann meist wieder über den Preis gewinnen, was die Quote wieder senkt.

Wenn klar kommuniziert wird, welches Problem man für wen besser löst als alle anderen, steigt auch die Zahlungsbereitschaft. Entsprechend sollte mit neuer Positionierung auch die Preisstrategie überdacht werden. Erfolgreiche Mittelständer machen spezialisiert was Sie gut können, davon wenig jedoch zu hohen Preisen. Statt pauschal Produktionskosten plus Marge zu kalkulieren, setzen diese Mittelständler auf wertbasierte Preisgestaltung. Dabei orientiert sich der Preis am wahrgenommenen Wert für den Kunden, nicht bloß an den Kosten. Ihre Kunden bezahlen für den Mehrwert, nicht nur für das Material.

Auch ihre Mitarbeiter werden sich freuen, Sie haben Zeit die Aufgaben mit besserer Qualität zu lösen und Ihre Kunden richtig zu betreuen. Damit schließt sich der Kreis zu den Symptom der schlechten Erreichbarkeit, Liefertreue und hoher Fluktuation. Mit einer Hochpreis-Strategie benötigen Sie weniger Personaleinsatz oder können Fachkräfte mit höheren Gehältern halten/anwerben.

Deutschland ist für die zahlreichen Mittelständischen Weltmarktführer bekannt. Bei diesen Unternehmen ist Hochpreis der absolute Branchenstandard. Ihnen bleibt ohne Alleinstellungsmerkmal nur die Kostenführerschaft.

Preisstrategie im Mittelstand

Ihre Gedanken an dieser Stelle?

  • Wir werden über den Preis gewählt, mit mehr Budget geht man zum Marktführer...
  • Unsere Kunden werden nicht mehr bezahlen, der Einkauf diktiert uns die Preise...
  • Wir sind in einer komplexen Vertriebskette, da macht der (Groß-)Handel nicht mit...
  • Wir haben kein spezielles Know How weil wir Zulieferer sind...
  • Dafür haben wir gar nicht die richtigen Leute...

 

Wenn dem tatsächlich so wäre, könnten wir Ihnen auch nicht helfen. Diese Sätze hören wir oft – eigentlich jedes einzelne mal. Gerne geben wir Ihnen einige Telefonnummern von Geschäftsführern, die am selben Punkt gestartet sind.
Fragen Sie nach!

Lassen Sie uns sprechen

Reifegrad 2:
Fokussierung & Inbound-Marketing (erste systematische Leadgenerierung)
 

Im zweiten Reifegrad hat das Unternehmen bereits seine Stärken und Alleinstellungsmerkmale besser erkannt. Es fokussiert sich nun auf das, was es wirklich gut kann, und bietet in diesem Bereich exzellente Lösungen an – oft auch individualisiert für Kunden.

Die Positionierung ist klarer: Man hat herausgearbeitet, was einen vom Wettbewerb differenziert, welche Produkte/Leistungen angeboten werden und an wen (Zielsegmente) man sich richtet.

Typischerweise wurden hier auch höhere Preise durchgesetzt, weil der Wert für den Kunden besser vermittelt wird. Das Ergebnis: Das Unternehmen macht weniger, aber mit höheren Margen und kann seine bestehenden Kunden zufriedenstellend betreuen. 

Merkmale dieser Phase sind:

Klare Positionierung und verbessertes Angebot
Anders als im Bauchladen-Stadium sind nun die Mehrwerte der Produkte und Dienstleistungen definiert und kommuniziert. Das Unternehmen weiß, warum Kunden sich für gerade sein Angebot entscheiden sollten (z. B. höhere Präzision, längere Lebensdauer, besonderer Service etc.). Diese Fokussierung führt zu geringerer Austauschbarkeit und ermöglicht wertorientiertes Pricing – Kunden sind bereit, für klar ausgewiesenen Mehrwert mehr zu bezahlen.
Inbound-Orientierung (reaktive Leadquelle)
Obwohl das Angebot geschärft ist, kommen neue Kunden in dieser Phase oft weiterhin überwiegend aus eigener Initiative der Kunden zu Stande – etwa durch telefonische Anfragen, E-Mails oder Empfehlungen bestehender Kunden. Das Unternehmen genießt bereits einen guten Ruf in seiner Nische, sodass Interessenten von sich aus anklopfen (Inbound). Allerdings fehlen aktive Marketing-Kanäle, um darüber hinaus systematisch Leads zu generieren. Geplante Kampagnen oder kontinuierliches Content Marketing sind meist (noch) nicht etabliert.
Vertriebsingenieure als Berater (Erstkontakt)
Da man nun die Anwendungen der Kunden besser versteht, können Vertriebsmitarbeiter – idealerweise mit technischem Verständnis – am Telefon oder per E-Mail schon beratend tätig werden. Sie kennen die typischen Einsatzfälle der Produkte und können Lösungsansätze skizzieren. Dennoch bleibt der Vertrieb in erster Linie reaktiv: Er bearbeitet Anfragen, die hereinkommen, anstatt proaktiv neue Kunden anzusprechen.
Fehlende Diversifizierung der Akquise-Kanäle
Ein großer Engpass in Reifegrad 2 ist die Leadgenerierung. Das Unternehmen hat zwar ein gutes Angebot und zufriedene Kunden, schöpft aber den Markt noch nicht aus, weil keine aktiven Marketing-Kanäle genutzt werden. Man ist oft stark von der Konjunktur oder Zufallstreffern abhängig – läuft die Wirtschaft gut oder spricht sich ein Erfolg herum, kommen Anfragen; in schlechteren Zeiten jedoch stockt die Pipeline mangels eigener Aktivitäten. Vertrieb kümmert sich primär um die Qualifizierung und Betreuung der vorhandenen Leads/Kunden, nicht aber um die Generierung neuer Leads. Hier fehlen klare Prozesse und Verantwortlichkeiten.

Engpass: Lead-Generierung & Kanalauswahl

Die zentrale Herausforderung in Phase 2 ist es, konstant neue Kontakte und Projekte zu gewinnen, ohne sich nur auf Zufall oder externe Faktoren zu verlassen. Kurz: Lead-Generierung und die Wahl der richtigen Marketing-Kanäle.

Unternehmen in diesem Stadium haben zwar begriffen, was sie anbieten und warum es wertvoll ist, doch wie sie systematisch genügend potenzielle Kunden erreichen, ist noch ungeklärt.

Es besteht die Gefahr, in einer Komfortzone zu verharren („Die Kunden kennen uns schon, neue kommen durch Mundpropaganda“). Dadurch bleibt Wachstumspotenzial ungenutzt. Auch der Vertriebsprozess ist oft nicht formalisiert: Es gibt kein abgestimmtes Vorgehen zwischen Marketing und Vertrieb, um einen Interessenten vom ersten Kontakt bis zum Abschluss zu begleiten.

Wenn überhaupt Marketing betrieben wird, dann punktuell – z. B. mal ein Newsletter oder eine Produktbroschüre – aber ohne Gesamtstrategie. Die Abhängigkeit von wenigen Zufallskontakten macht das Geschäft krisenanfällig.

Von der Passivität zur aktiven Marktansprache

Konkret sollte nun eine Inbound-Marketing-Strategie aufgebaut und mit ersten Outbound-Elementen ergänzt werden. Ihr Ziel ist es, einen konstanten Flow an qualifizierten Leads zu erzeugen, statt auf den nächsten Anruf zu warten.

Studien zeigen, dass Content-basierte Inbound-Strategien hier äußerst effektiv sind. B2B-Entscheider von heute erwarten wertvolle Informationen, bevor sie mit einem Anbieter in Kontakt treten – 91 % bevorzugen Lieferanten, die hochwertigen Content bereitstellen, ohne sofort etwas verkaufen zu wollen [3]. Doch nur 29 % der mittelständischen Unternehmen schaffen es bislang, regelmäßig relevante Inhalte zu produzieren[4].

Hier liegt eine Chance: Wer sein Expertenwissen großzügig teilt und etwa in Form von Fachartikeln, Whitepapers, Webinaren oder Videos veröffentlicht, positioniert sich als Thought Leader und zieht Interessenten an. Die erfolgreichsten B2B-Unternehmen erstellen heute für jede Phase der Customer Journey passende Inhalte – von der ersten Problemerkennung bis zur Kaufentscheidung

Definition des Vertriebsprozess

Neben Content und Inbound sollte auch der Vertriebsprozess weiterentwickelt werden. Jetzt ist der Moment, Marketing und Vertrieb enger aufeinander abzustimmen: Definieren Sie gemeinsam, was ein qualifizierter Lead ist, ab wann Vertrieb übernehmen soll und wie Nachfass-Aktionen erfolgen.

Ein passender Schritt kann die Einführung eines CRM-Systems (falls nicht vorhanden) oder die intensivere Nutzung desselben sein, um Kontakte strukturiert zu erfassen und nachzuverfolgen.

Außerdem kann es sinnvoll sein, erste Outbound-Maßnahmen gezielt zu testen – beispielsweise Account-based Marketing (gezielte Ansprache definierter Wunschkunden).

Wichtig ist, dass Outbound und Inbound verzahnt gedacht werden: Inhalte locken Interessenten an, und der Vertrieb kann selektiv diejenigen proaktiv ansprechen, die gut ins Profil passen. Schritt für Schritt entsteht so aus dem „zufälligen“ Inbound ein planbarer Akquiseprozess. Reifegrad 2 schafft damit die Grundlage, um in den skalierenden Vertrieb einzusteigen – was uns zu Stufe 3 führt.

Reifegrad 3:
Inbound + Key Accounts
(skalierter Vertrieb & Datennutzung)

Im dritten Reifegrad haben mittelständische Unternehmen den Sprung zu einem skalierbaren Marketing- und Vertriebsmodell geschafft. Sie generieren nun regelmäßig Leads, sowohl über Inbound-Kanäle (Website, Online-Marketing, Events etc.) als auch über gezielte Outbound-Aktivitäten.

Zudem rückt das Bestandskunden-Management in den Fokus: Schlüsselkunden werden von Key-Account-Managern betreut, um Potenziale voll auszuschöpfen. Die Firma hat sich in ihrer Nische oft schon als "Weltmarktführer" oder einer der Top-Anbieter etabliert. Kunden betrachten den Anbieter als Partner auf Augenhöhe

Einige Merkmale dieser Phase:

Proaktives Key-Account-Management
Wichtige Bestandskunden werden systematisch gepflegt. Man entwickelt die Kundenbeziehung hin zu einer Partnerschaft – beispielsweise erhalten Stammkunden proaktiv Produktverbesserungen oder technische Neuerungen angeboten, bevor sie danach fragen. Das Unternehmen agiert als „Systemlöser“ und denkt mit dem Kunden mit, um dessen Prozesse zu verbessern. Durch diesen beratenden Ansatz entsteht hohes Vertrauen; die Kunden sind geradezu Fans und bezahlen Preise auf Basis des Werts der Lösung (nicht mehr streng nach klassischer Kostenrechnung).
Hohe Leadzahlen – aber Prozessprobleme
Die Marketing-Maschine läuft jetzt so gut, dass über Website, Messen und Kampagnen teils hunderte oder sogar tausende Leads pro Jahr generiert werden. Die Konversionsraten der Kampagnen sind ordentlich – an Interessenten mangelt es eigentlich nicht. Allerdings zeigt sich ein neues Problem: Vertrieb und Marketing sind noch nicht vollständig integriert, was zu Reibungsverlusten führt. Beispielsweise werden viele Leads nicht konsequent nachverfolgt. Der Vertrieb konzentriert sich auf die „Low Hanging Fruits“ – also offensichtliche, schnell abschließbare Deals – und lässt andere Leads liegen. Gründe können Überlastung oder unklare Zuständigkeiten sein. Hier rächt es sich, wenn in früheren Phasen kein sauberer Lead-Nurturing-Prozess etabliert wurde. Oft ist auch die Datenqualität im CRM unzureichend: Kontakte werden zwar erfasst, aber nicht sauber gepflegt oder qualifiziert. Das CRM-System verkommt zum Ticket- oder Adressverwaltungs-Tool, statt als strategische Informationsquelle zu dienen.
Marketing & Vertrieb als Team – in Ansätzen
In dieser Phase erkennen Unternehmen, dass Marketing und Vertrieb Hand in Hand arbeiten müssen, um das Potenzial der vielen Leads auszuschöpfen. Erste Ansätze einer Verzahnung sind da: z. B. regelmäßige Meetings zwischen Marketing und Sales, Absprachen zu Kampagnen oder gemeinsame Definition von Lead Status (MQL, SQL etc.). Dennoch klafft oft eine Lücke an der Schnittstelle – die berühmte „Marketing/Sales-Kluft“. Marketing übergibt zwar Leads, aber hat wenig Einblick, was damit passiert; Vertrieb beschwert sich ggf., die Leads seien nicht gut genug vorqualifiziert. Dieses gegenseitige Unverständnis gilt es nun aufzulösen.

Engpass: Daten & Prozesse

Die schiere Menge an Interessenten erfordert, effizient zu filtern und Prioritäten zu setzen. Viele mittelständische Betriebe tun sich hier noch schwer – sie verlassen sich bei Entscheidungen immer noch stark auf Bauchgefühl statt auf Daten. Laut einer Studie treffen 69 % der mittelständischen Unternehmen ihre Marketing- und Vertriebsentscheidungen überwiegend intuitiv, während nur 31 % primär datenbasiert steuern[5].

Dieser „Data-Gap“ führt zu handfesten Nachteilen: Budgets fließen eventuell in die falschen Kanäle, Vertriebsressourcen werden nicht optimal eingesetzt, und hochwertige Leads versanden ungenutzt.

Dabei hätten die vorhandenen Kontakte viel mehr Potenzial, wenn man sie systematisch analysiert und bearbeitet. Ein weiteres Hemmnis ist oft die technologische Umsetzung: CRM- und Marketing-Automation-Systeme wurden vielleicht eingeführt, aber nicht konsequent mit Leben gefüllt oder fehlen klare Prozesse, um sie zu nutzen.

Das Resultat: Intransparenz – niemand hat einen vollständigen Überblick, welcher Lead wo steht, welche Kampagne erfolgreich war oder wieviel ein bestimmter Kanal wirklich zum Umsatz beiträgt. Die Organisation stößt an die Grenzen dessen, was mit manueller Führung machbar ist.

Marketing & Sales zu einer datengetriebenen Einheit verschmelzen

Im Reifegrad 3 stehen Projekte an, die Datenqualität verbessern, Prozesse automatisieren und die Flut an Leads in geordnete Bahnen lenken. Konkret sollte ein Lead Scoring-Modell eingeführt werden, um die vielversprechendsten Interessenten zu identifizieren.

Führende mittelständische Unternehmen machen es vor: Sie nutzen Predictive Analytics und datenbasierte Lead-Priorisierung, um Verkaufschancen mit der höchsten Abschlusswahrscheinlichkeit herauszufiltern. Vertriebsteams können ihre Energie dann gezielt auf diese „heißen“ Leads konzentrieren, anstatt alle gleich (oder gar nicht) zu behandeln.

Neben Lead Scoring sollte auch an der Pflege des CRM gearbeitet werden. Ein Daten-Projekt kann Sinn machen: Dubletten bereinigen, Pflichtfelder definieren, Integrationen (z. B. mit Website-Formularen, Newsletter-Tools) verbessern. Schulungen für Vertrieb und Marketing können helfen, die Bedeutung von sauberer Dateneingabe klarzumachen. Oft lohnt es sich, gemeinsame KPIs für Marketing und Vertrieb einzuführen – etwa die Lead-Konversionsrate oder der Anteil qualifizierter Leads, der vom Vertrieb bearbeitet wird. Solche Kennzahlen schaffen ein gemeinsames Zielbild und fördern die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.

Ein weiterer Baustein ist die Marketing-Automation: Durch automatische Workflows können Leads bis zu einem gewissen Grad vorqualifiziert werden (z. B. durch Content-Angebote, die weiteres Interesse signalisieren, oder durch Scoring nach Interaktionen). So wird gewährleistet, dass wirklich vorqualifizierte Anfragen an den Vertrieb gehen. Das entlastet den Vertrieb und stellt sicher, dass kein potenzieller Kunde „verloren“ geht, nur weil er nicht sofort kaufbereit ist. So zahlt sich eine solche Datennutzung aus: Unternehmen mit datengetriebenen Entscheidungsprozessen erzielen höhere Marketing-Effizienz und reduzieren ihre Customer-Acquisition-Cost. Zudem verkürzen sie ihre Verkaufszyklen signifikant – ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Reifegrad 4:
Vollintegriertes Marketing & Vertrieb
(datengetrieben & kundenorientiert)

Der vierte Reifegrad stellt das Idealbild eines hochentwickelten Marketings im Mittelstand dar. Nur wenige Unternehmen erreichen dieses Level vollständig – doch es dient als Orientierung für die Zukunft. In dieser Phase arbeiten Marketing und Vertrieb so eng verzahnt, dass die Grenzen nahezu verschwimmen.

Das Unternehmen verfügt über exzellente Daten entlang der gesamten Customer Journey und kann jeden Marketing-Euro seinem Beitrag zum Vertriebserfolg zuordnen.

Typische Merkmale und Veränderungen in Reifegrad 4 sind:

Marketing & Sales werden zu „Revenue Operations“
Statt zwei getrennten Abteilungen denkt man jetzt in einem einzigen Prozess von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Kundenabschluss (und darüber hinaus). Vertriebler agieren eher wie Berater und Consultants, die dem Kunden helfen, die beste Lösung zu finden, anstatt nur Produkte zu verkaufen. Sie können das, weil die Kunden durch das Marketing bereits vorinformiert und überzeugt sind – der Vertrieb stößt als Problemlöser hinzu, nicht mehr als reiner Informationsvermittler.
Vollständige Daten-Transparenz
Alle Kunden-Touchpoints – ob Webseite, E-Mail, Social Media, Messe oder persönliches Gespräch – werden erfasst und ausgewertet. Multi-Touch-Attribution ist etabliert, d. h. man weiß, welche Kontakte und Inhalte tatsächlich Einfluss auf Kaufentscheidungen haben. Dies ermöglicht eine extrem gezielte Ressourcenallokation: Marketingbudgets fließen in die effizientesten Kanäle, da bekannt ist, was wirklich wirkt. (Unternehmen mit präzisen Attributionsmodellen steigern ihre Marketing-Effektivität um rund 27 %, wie eine Benchmark-Studie zeigt[6].) Ebenso ist das Lead Scoring fein justiert und KI-gestützt, so dass Vertrieb immer an den wichtigsten Deals arbeitet. Die Datenqualität im CRM ist hoch, Dashboards liefern Echtzeit-Einblicke in Pipeline, Conversion-Rates je Kanal, Customer Lifetime Value usw.
Kontinuierliche Kundenbindung und -entwicklung
Da Neukundengewinnung nahezu on demand funktioniert, verlagert sich der Fokus des Marketings stark auf die Bestandskundenpflege und Customer Experience. Marketingaktionen zielen darauf ab, bestehende Kunden immer wieder zu begeistern – z. B. durch exklusive Webinare, Benutzergruppen, Loyalty-Programme oder digitale Kundenportale. Man investiert in Servitization und After-Sales-Angebote, um zusätzliche Mehrwerte zu bieten (z. B. Wartungsverträge, Upgrades, Schulungen). Das Marketing arbeitet eng mit Produktentwicklung und Service zusammen, um neue Bedürfnisse früh zu erkennen und entsprechende Lösungen zu lancieren. Die Grenze zwischen Produkt und Marketing verschwimmt hier: Ein gutes Produkt-Erlebnis (z. B. eine intuitive App oder eine Plattform für Kunden) wird zum Marketing-Instrument, weil es die Kundenloyalität stärkt.
Innovationstreiber im Geschäftsmodell
Im höchsten Reifegrad trägt Marketing auch maßgeblich dazu bei, neue Geschäftsmodelle einzuführen. Trends wie Product-as-a-Service, Nutzungsbasierte Abrechnung oder Plattformökonomie werden vom Marketing identifiziert und gemeinsam mit anderen Abteilungen umgesetzt. Marketing fungiert quasi als Radar für Marktchancen und als Übersetzer zwischen Kunde und Technik. Somit ist das Unternehmen in der Lage, seine Nische weiter auszubauen oder neue Nischen zu erschließen – oft agiert es bereits als Quasi-Monopolist in seiner Spezialisierung, weil kein Wettbewerber ähnlich kundenzentriert und effizient vorgeht.

Engpass nicht mehr im Marketing oder Vertrieb

Interessanterweise liegt der Engpass im Reifegrad 4 nicht mehr im Marketing oder Vertrieb selbst – hier greift alles ineinander.

Stattdessen verlagern sich die Wachstumsgrenzen auf andere Bereiche: Zum Beispiel kann die Produktentwicklung oder Produktion zum Flaschenhals werden, wenn die Nachfrage schneller steigt als die Lieferfähigkeit.

Oder es stellt sich die Frage, wie man genügend Fachkräfte findet, um das Wachstum zu stemmen. Anders gesagt: Hat ein Mittelständler diesen Marketing-Reifegrad erreicht, hängt der weitere Erfolg weniger vom Neugeschäft ab, sondern davon, ob das gesamte Unternehmen (Prozesse, Personal, Kapazitäten) mit dem Markterfolg Schritt halten kann.

Auch hier unterstützt Marketing im erweiterten Sinne – etwa durch Employer Branding (um Mitarbeiter zu gewinnen) oder durch automatisierte Prozesse, die das Wachstum skalierbar machen.

Optimierung und nachhaltige Sicherung der Marktführerschaft

Im vierten Reifegrad geht es vor allem um Optimierung und nachhaltige Sicherung der Marktführerschaft. Das bedeutet: Die etablierten Systeme kontinuierlich feinjustieren, neue Technologien einsetzen (z. B. KI für noch bessere Personalisierung – zukunftsorientierte Mittelständler nutzen bereits Predictive Analytics, um Inhalte dynamisch an Interessen und Journey-Phase anzupassen) und die Kundenbindung stetig ausbauen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Innovation im Angebot – Marketing sollte eng mit der Geschäftsführung und Entwicklung arbeiten, um z. B. digitale Geschäftsmodelle (wie Abonnement-Modelle, digitale Plattformen) zu entwickeln, die das bestehende Geschäftsportfolio ergänzen.

In dieser Phase lohnt es sich auch, den Erfahrungsvorsprung nach außen zu kehren: Durch Thought Leadership in der Branche (z. B. Vorträge, Studien, Gastbeiträge) kann das Unternehmen seinen Status untermauern. So bleibt man top-of-mind, wenn sich die Branche weiterentwickelt.

Das Endziel ist erreicht, wenn Marketing und Vertrieb so strategisch aufgestellt sind, dass sie praktisch selbstskalierend wirken – jeder zusätzliche Input (Lead) wird effizient in Output (Umsatz/Kundenwert) umgemünzt, bis andere Ressourcen erschöpft sind.

Marketing ist im B2B zum strategischen Erfolgsfaktor geworden

Durch diese Erweiterungen unseres Portfolios untermauern wir unsere zentrale Botschaft: Wir sind MORGEN, die Beratung für den Mittelstand von morgen.

Das heißt, wir holen Sie dort ab, wo Sie heute stehen – und begleiten Sie Schritt für Schritt in Richtung Zukunft. Jeder Mittelständler kann sich in einem der beschriebenen Reifegrade wiederfinden.

Unsere Inhalte und Beratungsleistungen sind so ausgerichtet, dass sie für jede Stufe den passenden Impuls liefern. Egal ob Sie ganz am Anfang eine Strategie suchen, mittendrin Ihren Vertrieb skalieren wollen oder als etablierter Player den nächsten Sprung planen – wir verstehen Ihre Herausforderungen (schließlich kommen wir selbst aus Ihrem Umfeld) und haben erprobte Lösungen parat.

Abschließend lässt sich festhalten: Marketing ist im B2B zum strategischen Erfolgsfaktor geworden. Wer heute wachsen will, muss seine Expertise teilen und seine Prozesse im Griff haben, bevor der Wettbewerb davonzieht. Viele mittelständische Unternehmen haben hier noch Nachholbedarf – aber auch enorme Chancen. Indem wir unser Marketing-Reifegrad-Modell nutzen, können wir gemeinsam mit unseren Kunden einen Fahrplan entwickeln: Vom operativen Tagesgeschäft hin zu einem marketing-getriebenen Wachstumsmotor. Die Investition in Strategie, Positionierung und datengetriebenes Marketing zahlt sich aus – in Form von mehr Sichtbarkeit, höherer Nachfrage und letztlich profitablerem Wachstum. Wir freuen uns darauf, Sie auf dieser Reise zu begleiten – mit den richtigen Inhalten zur richtigen Zeit und der passenden Beratung für Ihren nächsten Schritt.

Quellen

[1] Gartner, Inc. (2025). B2B Buying Process Survey 2025. Abgerufen von https://www.gartner.com/en/­sales/insights/­b2b-buying-journey am 23.06.2025.
[2] MarketingProfs. (2022). The Rise of the Self-Service B2B Buyer. Abgerufen von https://www.marketingprofs.com/­charts­/2022/­46696/the-rise-of-the-self-service-b2b-buyer am 23.06.2025.
[3] LinkedIn Corporation. (2025). LinkedIn B2B Decision Maker Study 2025. Abgerufen von https://business.linkedin.com­/marketing-solutions­/marketing-research am 23.06.2025.
[4] Content Marketing Institute. (2025). B2B Content Marketing Benchmarks, Budgets, and Trends: Outlook for 2025. Abgerufen von https://contentmarketing­institute.com­/­b2b-research/­b2b-content-marketing-trends-research am 23.06.2025.
[5] Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim. (2025). Datenbasierte Entscheidungsfindung im Mittelstand 2025. Abgerufen von https://www.zew.de/­datenbasierte-entscheidungsfindung-mittelstand-2025.pdf am 23.06.2025.
[6] Marketing Attribution Institute. (2025). B2B Marketing Attribution Benchmark Study 2025. Abgerufen von https://www.marketingattribution­institute.org/­b2b-marketing-attribution-benchmark-2025 am 23.06.2025.

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